[Kc-orga] Fwd: Öko & Fair statt Bio-Elitär! - Texte zum Nachdenken und Diskutieren

Sida Peacenick riothippie at gmx.de
Do Feb 28 20:27:16 GMT 2008


Hallo,

ein spannender Beitrag zur "Lebensstil"-Debatte. 

Und noch ein Link mit viieelen Texten zu einer politischen antikapitalistischen Kritik der Technik und Industrie: www.otto-ullrich.de

Viel Spaß beim Schmökern

Binja

-------- Original-Nachricht --------
Datum: Mon, 25 Feb 2008 20:30:46 +0100
Von: Friede99 at gmx.de
An: pop-ed at lists.systemausfall.org
CC: rayita at jpberlin.de
Betreff: Re: unser treffen vom 21.-23.3 ??

Liebe alle, 

hiermit versuche ich noch mal genauer zusammenzufassen, was mich auf dem Naturverhältnisse-Seminar im Wendland so 'gethrillt' hat mit Blick auf PopEd. 

Zunächst einmal – obwohl ich das selbst erst am Schluss mitbekommen habe – wird es wohl eine Mobilisierung auf die Klimavertragsstaatenkonferenz in Dänemark 2009 geben. Mensch könnte also Parallelen erkennen für eine Infotour zum nächsten Summit. Dass dieser Summit nicht zu den klassischen Globalisierungskonferenzen zählt, sondern Umwelt/ Klima zum Thema hat, zeigt m.E. an, dass dieses Thema sich gerade zu einer Art Bewegung auswächst. Das heißt nicht, wie dies in den 80ern üblich war, hier gibt es die eine und da oder im Anschluss die andere Bewegung, sondern dass die Globalisierungsbewegung Umwelt neu für sich als Thema entdeckt, so wie andere Themen hier eben auch miteinander verbunden werden. 

Ausgangspunkt in der ersten AG, in der ich war, war der Gedanke, sich von den LOHAS („Lifestyle of Health and Sustainability“), die für einen Lebensstil stehen, der ein hohes Einkommen voraussetzt (so hatte ich gerade im Bahn-Magazin einen Artikel über sie gelesen, wo als Beispiel die Designer- Bank aus alten Bahnschwellen als ökologische Alternative für LOHAS genannt wurde) abgrenzend zu überlegen, was 'Öko für alle' bzw. die Verbindung von öko und Umsonstökonomie bedeuten könnte. Reflektiert wurden dabei auch die Zuschreibungen, die sich im Bild der LOHAS als das zivilisierte Bürgertum im Gegensatz zu der unzivilisierten Unterklasse (oder denen im globalen Süden, die unverantwortlich viele Kinder kriegen und die Regenwälder verfeuern) finden lassen bzw. wiederfinden lassen, denn Kontinuitäten zu entsprechenden bürgerlichen und kolonialen Bildern aus dem 19. Jahrhundert sind offensichtlich, inkl. dem Bild der guten Mutter, die – in der heutigen Variante 
 – ihren Kindern natürlich nur Bio-Produkte auf den Tisch stellt. Inwieweit dient so ein Diskurs also auch als Herrschaftsmittel, der Privilegien sichert – während mensch davon ausgehen kann, dass die biologischen Fussabdrücke in der LOHAS-Schicht angesichts von großen gutbeheizten Wohnungen, Zweitwagen und Fernreisen dennoch größer sind als in der wiederbelebten Unterklasse. 

Bei der Parallele zum Essen waren wir schnell. Die Unterklasse gilt als verantwortungslos nicht nur gegenüber der Umwelt und damit gegenüber dem Gesellschaftssystem, sondern ebenso mit ihrer Ernährung (und Bildungsversuchen gegenüber resistent, es muss wohl biologisch sein!), nicht zuletzt mit Blick auf die Kosten für das Gesundheitssystem – und tatsächlich aber sind es letztlich auch hier die schlanken NichtraucherInnen, welche dem System teurer kommen. 

Von diesen Überlegungen ausgehend haben wir beschlossen, uns in einer zweiten AG den Fragen zu widmen: Was könnten wir tun gegen einen solchen binär aufgespaltenen Diskurs? Und wie können wir vermeiden, dass unser eigenes Umweltengagement auf eine solche Weise, also in Form eines ökologischen Kapitalismus, der zudem letztlich doch zu einer Steigerung des Kohlendioxid-Ausstoßes führt, vereinnahmt wird? 

Klima und Essen lassen sich eh nicht voneinander trennen: die globale Landwirtschaft ist zu einem Drittel verantwortlich für den Klimawandel, und damit sozusagen die größte Einzelursache. Wenn das Bio-Produkt jedoch aus Neuseeland stammt, muss der ökologische Nutzen in Frage gestellt werden. Darum überlegten wir die Unterscheidung zwischen bio als gut für den Konsumenten (Motto: 'Weil ich es mir wert bin') und öko als gut für die Umwelt (und für den Menschen) zu politisieren. Aus 'Öko für alle statt Bio für wenige' wurde dann 'Öko & Fair statt bio-elitär'. 

Wir haben dann weiter in der AG nach den verschiedenen Anfängen und überhaupt historischen Vorläufern von bio/ öko geschaut, und welche emanzipatorischen (oder auch nicht) Bestrebungen jeweils damit verbunden waren, und wie diese vereinnahmt wurden. Ein Ergebnis war, dass Ökologie keine isolierte Forderung sein darf. 

Im Plenum wurde noch richtig darauf hingewiesen, dass Klima in der bürgerlichen Öffentlichkeit bzw. Politik nur solange als Thema gehypt wird, solange es als Versöhnungsthema gelten kann; wenn wir es schaffen sollten – was natürlich Ziel sein muss – die damit verbundenen Interessenskonflikte aufzuzeigen, wäre das sicher vorbei. 

Juliane, die wie gesagt auch schon bei der infotour sowie diesem WE dabei war, und wie ich Lust hat, nach dem ASWW-WE zum PopEd-Treffen dazu zu stoßen, wies dann im Plenum noch darauf hin, dass Klima auch sehr eng mit Migration zusammenhängt – vielleicht müssen wir uns ja gar nicht entscheiden für ein Thema, sondern können, u.a. als Teil auf die Mobilisierung nach Dänemark hin, verschiedene Aspekte dieser Zusammenhänge beleuchten? Darüber hinaus drängt es sich m.E. auch auf, wenn mensch so wie ich versuchen würde wollen (allerdings habe ich offen gestanden keine Ahnung wie!), die stigmatisierte Unterklasse zu erreichen (und gerade Essen und sonstiges Umweltverhalten als Thema eignet sich, dem PopEd-Ansatz entsprechend m.E. hervorragend, um im Alltag der Menschen anzusetzen), Antira mit hinzuzunehmen, sonst wird die Opferrolle zu eindeutig, und die potentielle Nähe zu rechten Ansätzen zu brenzlig. 

Okay, soweit. Das blöde ist halt die Überschneidung mit dem ASWW-Seminar der BUKO (von Do bis Sa). Das steht nicht nur schon viel länger terminlich fest, sondern ich fühle mich da auch etwas als Gastgeberin, da es in unserem Schwesterprojekt quer durch den Wald stattfindet, was ich organisiert habe. Darum werden sowohl Juliane (die ich übrigens ins copy genommen habe) als auch ich wohl erst am Samstag nachmittag zu Euch stoßen. Mal schauen, bin gespannt auf unser Zusammentreffen!

Macht's gut, 

Friederike

-- 
GMX startet ShortView.de. Hier findest Du Leute mit Deinen Interessen!
Jetzt dabei sein: http://www.shortview.de/?mc=sv_ext_mf@gmx